Es ist schon ein paar Jährchen her, dass es mich „damit“ voll erwischt hat. Es passierte als mein Bindespezl „The Sharpshooter“ , der immer weit über den Tellerrand seiner eigenen Kreationen schaut und der nicht nur ein großartiger Fliegenbinder sondern auch ein fantastischer Fotograf ist, mir ein Bildchen einer „Pardon de Meana“ schickte. Es zeigte einige Eintagsfliegen mit steil aufragendem intensiv „insektisch“ glänzenden Flügel, wie ich ihn vorher noch nie gesehen hatte. Die Körper waren in knalligen Farbtönen gehalten und auch die gespreizten klebrigen Schwanzfibern erregten auf Anhieb meine Neugier und Begeisterung.
Was ist das für ein feines Zeugs, wollte ich von Ihm wissen? Schon mal was von der Pardon de Meana gehört?? Hatte ich natürlich nicht. Außer CDC-Fliegen und Goldkopfnymphen kannte ich bis dato nicht viel. Aber mein Interesse war geweckt und ich begann im Internet zu recherchieren. Immerhin hatte ich bereits ein wenig Erfahrung mit dem Leonischen Hahn gemacht und besaß ein paar Pardo-Federn von Marc Petitjean sowie ein „Tailing-Pack“ von Whiting. Damit band ich schon seit einiger Zeit die Schwanzfibern an meine CDC-Fliegen. Aber Flügel?? Ich versuchte es, aber für Flügel taugten meine nicht viel, egal wie ich sie einbinden wollte, es hatte kaum Ähnlichkeit mit dem Original. Die Hecheln aus dem Tailing-Pack windete ich wie eine normale Hahnenhechel um den Hakenschenkel oder ich verbrachte die Hechel in eine MP-Klemme und versuchte sie so zu verarbeiten, wie eine CDC-Feder.
Es half nichts. Das Ergebnis war grausam. Ich brauchte echte Gallo de Leon Federn und ich benötigte vor allem eine brauchbare Bindeanleitung. Schnell bekam ich heraus, dass es ein Buch geben sollte, von besagtem Herrn. Das ließ ich mir, Internet macht`s möglich, direkt vom Autor Luis Meana aus Spanien, in englischer Sprache, kommen.
Zunächst einmal ließ ich mir wenigstens die richtigen Federn schicken. Direkt aus Spanien, denn die Ware, die man sonst so angeboten bekommt, taugt oft nicht viel und ist den hohen Preis nicht wert. Da ich kaum Spanisch spreche, war es anfangs schwierig, sich durch einen spanischen Online-Shop zu kämpfen, aber irgendwie schlug ich mich durch.
Das Problem ist: Der Leonische Hahn entfaltet seine ganze Schönheit nur dort, wo er seit Hunderten von Jahren vorkommt. Das züchterische Zentrum ist das kleines Dörfchen La Vecilla auf ca. 1000 Höhenmetern mit knapp 400 Einwohnern und es gibt dort auch nur eine Handvoll Zuchtbetriebe.
Verschafft man den Gallo an einen anderen Ort, wird er krank, und verliert zumindest einen Teil seiner einzigartigen Attribute, nicht selten geht er sogar ein. Alle möglichen Untersuchen wurden angestellt um herauszufinden, was diesen Flecken Erde so einzigartig macht, ohne eindeutiges Ergebnis. Vermutet werden u.a. das spezielle Klima dort oder auch die besonders hohe natürliche Radioaktivität in der Erde.
Es gibt mittlerweile zwar durchaus passable Qualität im benachbarten Frankreich und auch die Federn von Whiting-Farms aus den USA können sich nach anfänglichen Problemen inzwischen sehen lassen, aber der Abstand zu den Spitzenqualitäten aus La Vecilla ist in etwa so hoch wie der eines indischen Hahnenskalps zu Whiting Gold.
Es ist für unsereins allerdings auch bei Direktbestellung in Spanien nicht einfach an beste Qualität zu kommen, denn diese wandern zunächst an erste spanische Adressaten. Letztlich muss man nehmen was einem geschickt wird. Meistens hat man Glück, manchmal muss man sich auch ärgern. Zwar gibt es Abstufungen wie „Extra“, 1., 2. Oder 3. Qualität, aber am Ende bleibt schleierhaft, welcher dieser Abstufungen die empfangene Ware entspricht, denn „Rinon extra“ oder Colgadera 1. wird vom Versender handschriftlich auf das traditionelle Papiertütchen indem die „Mazo“ (ein Dutzend Federn) verschickt wird, aufgetragen.
Es würde den Rahmen dieses kleinen Aufsatzes sprengen, wollte man sämtliche züchterische Aspekte des Gallo de Leon diskutieren, aber ein paar Fakten sind zum besseren Verständnis unerlässlich.
Der Gallo wird mindestens seit dem frühen 17. Jahrhundert gezielt verpaart um möglichst schöne Federn für die Fischerei auf Forellen zu gewinnen. Während in Mitteleuropa und Großbritannien dazu noch Wild-bzw. Wasservögel, wie Rebhühner oder Enten verwendet wurden, waren uns die Spanier damit weit voraus.
Es gibt zwei verschiedene Rassen, nämlich Pardo und Indio. Der größere und mit bis zu 3 Kg schwerere Pardo-Hahn liefert vereinfacht ausgedrückt gefleckte bzw. gepunktete Federn (pencas), während der leichtere und kleinere Indio-Hahn einfarbige Federn liefert.
Die Federn werden 2bis 4mal jährlich, vorzugsweise im Frühjahr und Herbst „geerntet“, d.h. ausgezupft. Der kampfstarke Hahn muss dabei gut fixiert werden. Pro Rupf können ca. 200 Rinon und 400 Colgaderas geerntet werden. Ein Hahn lebt für gewöhnlich mit 7 Hühnern zusammen.
Erstklassige Fibern sollen fein und elastisch, aber auch steif und wiederstandsfähig sein. Die Federn müssen von beiden Seiten glänzen. Falls es Pencas gibt, müssen diese ebenfalls auf beiden Seiten sichtbar sein.
Grundsätzlich unterscheidet man die „Colgaderas“, also Sattelhecheln aus dem Schulterbereich und die Rinonadas (oder Rinon), Capehecheln. Pardo-Rinonadas gelten als qualitativ am hochwertigsten. Die etwas längeren Colgaderas eignen sich besonders gut für Schwanzfibern.
Es gibt eine verwirrend große Anzahl von verschiedenen Farbtönen. Grundsätzlich gilt: Pardo-Federn sind gesprenkelt, Indios sind einfarbig. Aber natürlich gibt es einige Ausnahmen.
Beim Pardo-Hahn sind die bekanntesten Flor de Escoba (gelb bis orange), Crudo (elfenbein), Tostado (ockerfarben) sowie Oscuro (dunkelgrau), während die Indio-Rasse von Palometa (hellweiß)über Amarillo (gelblich) und Rubion (rötlich) bis hin zu Negrisco (schwarz) eine noch größere Farbpalette aufweist. Indio-Federn sind in der Regel hochglänzend und vor allem bei Nassfliegenfischern sehr begehrt, während die etwas steifere Pardo-Feder wegen ihrer Pencas , die den Flügel der Insekten nahezu exakt wiedergeben auch bei den Trockenfliegen-Fischern sehr begehrt sind.
Die Nachfrage nach den GDL-Federn hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig gesteigert. Das Produkt, bestehend aus einer“ Maza“(ein Dutzend Federn) erfreut sich nicht nur in Spanien, sondern bei Fliegenbindern auf der ganzen Welt steigender Beliebtheit. Die Anzahl der gehaltenen Hähne hat sich deshalb in den letzten 50 Jahren mindestens verzehnfacht und betrug 2004 ca.2000 Pardo-und 3000 Indio-Hähne.
Während Menge und Preis ständig stiegen, wurde die Qualität allerdings immer schlechter. Inwieweit dies durch züchterische Mängel oder sich verändernde Umwelteinflüsse verursacht wurde, ist Gegenstand ständiger Diskussionen. Diese Qualitätsmängel betreffen weniger die Größe der Federn, als vielmehr den beidseitigen Glanz (oft ist die Rückseite blass) und die nachlassende
Steifigkeit der Fibern.
In Spanien ist das Fischen mit Nassfliegen weitaus populärer als mit der Trockenfliege. Typischerweise werden 5 bis 7 Nassfliegen an ein langes Vorfach mit einer Wasserkugel der "Buldo" montiert. Dabei verwendet man keine Fliegenrute sondern wirft die mit Wasser beschwerte Kugel an einer konventionellen Spinn-oder Stipprute schräg flussauf.
Erst in den letzten Jahrzehnten wurde das Fliegenfischen mit der Trockenfliege etwas populärer. Dies ist nicht zuletzt der Verdienst von Louis Meana Baeza, den „Erfinder“ der Pardon.
Er entwickelte aus der klassischen spanischen Nassfliege behutsam eine wunderschöne und gleichzeitig immer noch typisch iberische Trockenfliege. Die heiligen Zutaten wie den Körper aus glänzender Gütermann-Seide und Flügel aus den Pardo-Fibern des Leonischer Hahn ließ er weitgehend unverändert, ergänzte die Fliege aber um einen Thorax aus feinstem Dubbing sowie einer spärlich um den Flügel gewundenen Hechel. Um die Schwimmfähigkeit weiter zu verbessern verlieh er ihr ein mächtiges gespreiztes Schwänzchen, überraschenderweise nicht aus Fibern des Gallo de Leon sondern aus Microfibrets (bzw. Mayfly-Tails) aus Kunststoff. Die Entwicklung nahm mehrere Jahre in Anspruch. Ziel war es eine mit dem Hinterleib perfekt im „Subsurface“ liegende aufsteigende Fliege zu erschaffen, die durch die V-förmig gespreizten und zudem extra gefetteten Schwanzfäden im Gleichgewicht gehalten wird. Also auch keine wirkliche Trockenfliege sondern eher eineschräg im Wasser liegend, mit dem Flügel hoch aufschwimmende Nassfliege.
Um diese exakte „Equilibrage“ zu gewährleisten schreibt die Bindeanleitung die Anzahl der verwendeten Fibern genauestens vor. Sie beträgt z.B. für das „Basismodell“ P.M. 14, einer B. rhodani –Imitation exakt 18. Der Haken muss ein Kamasan B405, ein schwerer Subsurface Haken sein, die Farbe und Anzahl der Hechelwindungen beträgt genau 2 ½. Auch Flügelhöhe, Färbung der Feder, Gütermann-Nr., Länge des Abdomens sowie Farbe und Material des Thorax-Dubbings sind für jedes seiner Muster für die verwendeten Hakengrößen 12 bis 18 genau wiedergegeben. Damit sind alle für Fliegenfischer wichtigen Eintagsfliegen abgedeckt.
Der Bindevorgang selbst ist komplex und bedarf einiger Übung. Er kann aber grundsätzlich erlernt werden. Als Belohnung winkt eine wunderbar fremdländisch anmutende äußerst ästhetische Fliege, die durch die Verwendung edelster Zutaten und nicht zuletzt einem Tröpfchen Sekundenkleber im Kopfknoten bemerkenswert robust und haltbar ist. Sie kann nass wie trocken gefischt werden.
Auf dem Wasser sind Pardon-Fliegen echte Knüller. Ich verteile sie nur in homöopathischen Dosen und nach längerem Gebettel an meine Freunde und Bekannte. Selbst erfahrenste, misstrauische Forellen und Äschen an stark befischten Gewässern fallen arglos und gierig über sie her.
Jedenfalls ist es sehr beruhigend, wenn man, für alle Fälle, ein paar Moscas Leonidas in der Box hat.
1.Der Bindevorgang beginnt mit einer kurzen Grundwicklung hinter dem Öhr. Der Abstand zwischen Öhr und der Stelle an der die Gallo-Fibern eingebunden werden ist wichtig. Er sollte ca. 3mm betragen.
2. Der flauschige Unterteile der Gallo-Feder wird gerupft und die Fibern beiderseits des Stamms mit einer langen geraden Schere abgetrennt und in einen Iqualador (Hairstacker) oder leere Patronenhülse verbracht und die Fiberspitzen so auf die gleiche Länge gebracht.
3. Die Fibern werden mir der linken Hand dem Iqualador entnommen, plan auf den Hakenschenkel gelegt und mit der Rechten eingebunden. Dabei sollen die 2 ersten Windungen hinter dem Öhr lose geführt werden um ein späteres Abspreizen des Fibernstoßes zu ermöglichen. Die Wicklung wird ein Stück gen Bogen geführt und dann die überstehenden Fibern mit einem Scherenschlag in Richtung Bogen abgesetzt.
4. Der V-förmige Schwanz wir aus jeweils mehreren Microfibrets eingebunden. Dafür existieren mehrere Optionen, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Aber abzählen würde ich sie eher nicht.
5. Führe den Faden bis 2/3 Richtung Öhr und binde das Gütermann-Garn (2 verschieden Farben) ein und fixiere die Seide zurück zum Schwanzansatz und hernach den Bindefaden wieder bis zum 2/3 Point.
Fortsetzung folgt